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Ein ganzes Jahr habe ich in Israel verbracht. Das Studium, die Begegnung mit einer fremden Kultur, das Erkunden der heiligen Stätten, das Leben im besetzten Gebiet ... Während unserer einwöchigen Exkursion durch die Wüste Sinai sind wir todmüde nach einem langen Fußmarsch bei ein paar Beduinenzelten angekommen. Wir verstanden zwar wenig, hatten aber den Eindruck, dass wir dort sehr willkommen waren. Unser 'Beduinenguide' übersetzte das Wichtigste: Wir sollten doch bei den Beduinen übernach­ten und - wir sind am Abend zum Brotbacken und Brot essen eingeladen!

Einige Stunden später saß unsere Gruppe um die Feuers­glut. Die Beduinen kamen dazu, es wurde gesungen, mit Händen und Füßen gestikuliert ... Unser Gastgeber legte den zubereiteten Brotteig in einer großen Flade über die Feuerglut. Die Beduinen wurden ruhiger, wir spürten, dass es eine besondere Situation war. Es dauerte nicht lange, bis die erste Flade gebacken war. Es war fast eine Zeremonie, als der Beduine mit der Brotflade von einem zum anderen ging und jedem ein Stück abbrach ...

Unser 'Beduinenguide'... kommentierte dann die Zeremo­nie. Oder soll ich sagen die Liturgie? Wenn ein Beduine mit einem anderen Brot teilt, dann ist dies das höchste Zei­chen der Gastfreundschaft. Mit keinem anderen Zei­chen und mit keinem anderen Wort kann er dieses Zeichen des Brotteilens überbieten: "Du bist mein Gast, und ich werde mich ganz in deiner Nähe aufhalten. Dir kann nichts passieren, ich werde dich beschützen. Ja, wenn's drauf an­kommt, werde ich auch mein Leben einsetzen, damit es dir gut geht".

Ich weiß, dass mit dieser Geschichte nicht die Bedeutung der Eucharistie erklärt ist. Ich weiß aber genauso, dass Je­sus ein Kind dieser orientalischen Kultur war und ihm die­ses Zeichen sicher nicht fremd war ...

Aus: Gerhard Hauk, Unter Beduinen, in: Unsere Brücke 6/95

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